Frage 32 – Welche Geschichte erzähle ich mir – welche zweite Lesart gibt es?

🎯 Kurzkontext:

Wir sind Geschichtenerzähler – immer. Jeden Tag. Jede Stunde.

Aber

Die Geschichten, die wir uns erzählen, sind nicht die Wahrheit. Sie sind eine Version der Wahrheit. „Er hat mich ignoriert.“ – oder: „Er war in Gedanken.“ „Ich bin gescheitert.“ – oder: „Ich habe etwas gelernt.“ „Sie mag mich nicht.“ – oder: „Sie hatte einen schlechten Tag.“

Epiktet lehrt: „Prüfe jeden Eindruck: Ist es Tatsache oder mein Urteil?“ Das bedeutet

Was ist wirklich passiert? Und was habe ich daraus gemacht?

Die stoische Frage ist: „Welche Geschichte erzähle ich mir – und welche zweite Lesart gibt es?“


💬 Zitat

„Prüfe jeden Eindruck: Ist es Tatsache oder mein Urteil?“ — Epiktet, Enchiridion/Diatriben

🕒 10-Min-Übung („Erste Geschichte – Fakten – Zweite Lesart“)

  1. Erste Geschichte (3 Min): Was ist passiert – und was erzähle ich mir darüber? (Benenne eine Situation aus der letzten Zeit. Was ist passiert? Und welche Geschichte erzählst du dir darüber? Sei ehrlich: „Ich erzähle mir: […]“)
  2. Fakten (3 Min): Was ist wirklich passiert? (Trenne Tatsache von Interpretation. Was kann ich wirklich wissen? Was habe ich gesehen, gehört, erlebt – ohne Interpretation?)
  3. Zweite Lesart (4 Min): Welche andere Geschichte könnte wahr sein? (Nicht: „Ich zwinge mich, positiv zu denken.“ Sondern: „Was könnte auch wahr sein – ohne meine erste Interpretation?“ Formuliere: „Eine zweite Lesart könnte sein: […]“)

🧭 Mini-Beispiele:

Kollege antwortet nicht auf meine Nachricht →

Erste Geschichte:

„Ich erzähle mir: Er ignoriert mich. Er findet mich unwichtig. Er hat kein Interesse an mir.“

Fakten:

Er hat nicht auf meine Nachricht geantwortet. Das ist alles, was ich wirklich weiß.

Zweite Lesart:

„Eine zweite Lesart könnte sein: Er hat es übersehen. Er hatte einen stressigen Tag. Er antwortet später. Es hat nichts mit mir zu tun.“

Ich bleibe bei den Fakten – und lasse Raum für andere Wahrheiten.


Projekt läuft nicht wie geplant →

Erste Geschichte:

„Ich erzähle mir: Ich bin gescheitert. Ich kann das nicht. Ich bin nicht gut genug.“

Fakten:

Das Projekt läuft nicht wie ursprünglich geplant. Es gibt Verzögerungen und Hindernisse.

Zweite Lesart:

„Eine zweite Lesart könnte sein: Ich lerne gerade. Projekte verlaufen selten nach Plan. Ich passe mich an. Das ist nicht Scheitern – das ist Wachstum.“

Ich ändere die Geschichte – und ändere, wie ich mich fühle.


Freundin sagt Treffen ab →

Erste Geschichte:

„Ich erzähle mir: Sie will mich nicht sehen. Ich bin ihr egal. Sie findet mich langweilig.“

Fakten:

Sie hat unser Treffen abgesagt. Grund: Sie fühlt sich nicht gut.

Zweite Lesart:

„Eine zweite Lesart könnte sein: Sie fühlt sich wirklich nicht gut. Das hat nichts mit mir zu tun. Sie schätzt mich – deshalb hat sie ehrlich gesagt, dass sie nicht kann, statt sich zu zwingen.“

Ich nehme es nicht persönlich – ich bleibe bei den Fakten.


💡 Stoische Reflexion:

Epiktet sagt:

„Prüfe jeden Eindruck: Ist es Tatsache oder mein Urteil?“

Das ist eine der mächtigsten stoischen Übungen.

Warum?

Weil wir ständig Geschichten erzählen.

Und diese Geschichten sind nicht neutral.

Sie sind gefärbt durch:

  • Unsere Ängste („Sie findet mich dumm.“)
  • Unsere Unsicherheiten („Ich bin nicht gut genug.“)
  • Unsere Vergangenheit („Das ist wie damals…“)
  • Unsere Erwartungen („Es sollte anders sein.“)

Aber:

Die Geschichte ist nicht die Wahrheit.

Die Geschichte ist eine Version der Wahrheit.

Und es gibt immer – immer! – eine zweite Lesart.

Nicht als „schönreden“. Nicht als „weglügen“.

Sondern als Realitätscheck:

Was weiß ich wirklich?

Was könnte auch wahr sein?


💙 Wichtig:

Das bedeutet nicht, dass du alles positiv umdeuten musst.

Wenn jemand dich bewusst verletzt hat – dann ist das ein Fakt.

Aber:

„Er hat mich ignoriert“ → Interpretation.

„Er hat mir nicht zugehört“ → Vielleicht Fakt. Vielleicht Interpretation.

„Er denkt, ich bin dumm“ → Interpretation.

Der Trick:

Bleibe bei dem, was du wirklich weißt.

Und wenn du nicht sicher bist,

erlaube andere Lesarten.

Das ist nicht Naivität.

Das ist innerer Frieden.


© Mara & Elias – Stoische 66



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